Zeitlieder 3
Georg Clementi verarbeitet auf seiner neuen CD die aktuellsten Themen unserer ZEIT zu Songtexten und macht zusammen mit Sigrid Gerlach am Akkordeon und Tom Reif an der Gitarre packende Musik. (Live spielt Ossy Pardeller die Gitarre). Schon im Eröffnungssong „Auf der A3“ treten ein bulgarischer Leiharbeiter, ein Oberstudienrat, ein Dealer und ein Flüchtling auf, obwohl es in dem Chanson um nichts anderes als um eine flüchtige Liebe geht. Das ist großes Kopf-Kino, oder besser Kopf-Theater. Es verwundert nicht, dass das dritte Zeitlieder-Programm vom Salzburger Landestheater produziert wurde und dort seine Premiere erlebte.
Clementi schlüpft in seinen Liedern in erstaunliche Rollen. Er ist "Lazarus", der Jesus eine Standpauke hält, weil er gar nicht wiederauferstehen will. In „Hitze“ beängstigt ihn Mutters Erwärmung für eine Frau nicht weniger als die Erderwärmung. Er hängt an einem nordafrikanischen Grenzzaun und beneidet die Zugvögel („Flügellos“). Und all das ohne Kitsch und Plattitüden.
Selbst wenn er eine Liebeserklärung macht: „Keine isst Spaghetti so wie du“. Clementi singt mit viel Humor als großes Machoschwein und geilste Stimme im Männergesangsverein („Küsse die Hand“). Er kann blutjung oder 80 sein („Lied einer alten Frau“), arm oder reich („Der Erbe“) und voller Selbstironie, denn „es geschieht ja nur ganz selten, dass man wirklich etwas weiß“ („Loblied auf die Farbe Grau“).
Und keiner weiß genau, ob er den linksliberalen Demokraten parodiert, wenn er singt: „Ich will das alles wieder einfach ist und das mittendrin die Mitte ist, die Faschisten nicht und kein Rassist. Ich will nur meinen Fairtraide Kaffee!“, oder ob das wahre Sehnsucht ist.